Saisonabschluss Interview

ASV Mainz 88 Saisonabschluss-Interview

Der ASV Mainz 88 wurde nach zehn Jahren erneut Deutscher Mannschaftsmeister in der Ringerbundesliga. Insgesamt der vierte Meistertitel der Rheinhessen.
Doch es war nicht leicht, denn im Finale stand ihnen mit dem ASV Schorndorf ein schwerer Brocken gegenüber, der zuvor den Dauermeister SV Wacker Burghausen ausgeschaltet hatte. Den Hinkampf in Mainz-Mombach hatten die 88er knapp mit 14:13 gewonnen, doch eine Woche später im Rückkampf, lagen sie zur Pause mit 3:9 zurück.
Die ausverkaufte Scharrena in Stuttgart (2500 Zuschauer) feierte schon die Schorndorfer als neuen Meister, doch nach der Pause leiteten die Freistil-Asse Ahmed Dudarov und Alexander Semisorow mit ihren Siegen die Wende ein. Als dann auch noch Ahmet Yilmaz und Murad Kuramagomedov ihre Kämpfe gewannen (Endstand 14:13), war es soweit: Nach zehn Jahren hielten die Ringer des ASV Mainz 88 den ersehnten Meisterschaftspokal endlich wieder in der Hand und jeder wurde gedrückt, geherzt und der Pokal wanderte von einer Hand zur anderen.

Im Saisonabschluss-Interview geben die Macher des Erfolgs, Chefcoach David Bichinashvili, Grecotrainer Harun Yildiz und Vorstandschef Baris Baglan, einen Einblick in ihre Gefühlswelt und erzählen warum sie sich zunächst nicht über den Titel freuen konnten. Das Finale hatte mit einer Schweigeminute für die Opfer der Erdbebenkatastrophe in der Türkei und Syrien begonnen und auch nach dem Event, galten die ersten Gedanken den Menschen in den Erdbebengebieten. Doch mit etwas Abstand ist die Freude über den 4. Stern im Wappen sehr groß.



Herzlichen Glückwunsch zur Meisterschaft. Hält das Gefühlt noch an?

David: Es fühlt sich an, als ob man Deutscher Meister ist (lacht). Es ist ein schönes Gefühl und wir sind unglaublich stolz darauf, was wir zusammen als Verein geleistet haben.

Auch im letzten Jahr standen Sie schon im Finale, warum hat es diesmal geklappt?

Baris: Weil wir dran waren. Im letzten Jahr hatten wir es fast vollendet, obwohl der Finaleinzug die erfolgreichste Saison nach 9 Jahren war. Aber wenn man alles erreichen will, war der 2. Platz eben nicht zufriedenstellend. Die Niederlage im Finale hat wehgetan und wir standen vor der Frage, ob wir was draufpacken können? Unsere Geschlossenheit, clevere Verpflichtungen und Kaderplanung von David, Markus und Harun haben dazu geführt, das wir in dieser Saison einen Schritt weiter gehen konnten. Ich freue mich vor allem für unsere Trainer David und Harun, die seit Jahren hart gearbeitet haben und immer ganz knapp vor dem großen Erfolg standen. Das bestätigt einfach nur, was wir schon immer wussten: Wir haben tolle Kämpfer in unseren Reihen und die besten Trainer, die man sich vorstellen kann. Eben Meistertrainer.

Harun: Dem Vorsitzenden darf man nicht widersprechen (lacht). Es ist einfach alles so gekommen, wie wir es uns vorgestellt haben. Es war ein intensives Jahr, mit viel Arbeit und Entbehrungen aber es hat sich einfach gelohnt. Das ist nicht selbstverständlich, weil wir das auch die Jahre zuvor gemacht haben. Umso schöner ist es, dass es diesmal geklappt hat.

Wie groß war die Angst, dass es wieder nicht mit dem Titel klappt?

David: Was heißt schon Angst? Wenn man unseren Kader mit den der anderen Playoff-Teilnehmern vergleicht, waren wir nicht unbedingt Favorit. Angefangen beim Viertelfinale, bis hin zum Finale war die Möglichkeit des Ausscheidens immer spürbar. Doch meine Mannschaft war sehr geschlossen, in der jeder für den Anderen da war. Ganz besonders hat sich das im Finale gezeigt, wo wir zur Halbzeit mit 3:9 zurücklagen. Wir haben aber trotz dieser schwierigen Situation den Glauben an uns nicht aufgegeben und unsere Chancen genutzt.

Was haben Sie gefühlt, als die Meisterschaft sicher war?

David: Im Ringsport kann immer und Alles passieren. Als unsere Jungs nach der Pause die ersten beiden Kämpfe gewonnen haben und auf 6:9 verkürzten, konnten wir etwas durchatmen. Der ganz große Druck fiel etwas ab. Sicher konnten wir uns allerdings nie sein. Ich war bis zur letzten Sekunde angespannt, bis der Sieg von Murad Kuramagomedov im letzten Kampf feststand. Erst da war ich sicher, dass wir es geschafft haben.

Baris: Alles andere hätte mich auch gewundert. Unsere Trainer David und Harun gehören nicht zu den Menschen, die während eines Kampfes schon die Faust recken und jubeln, obwohl rechnerisch noch alles möglich ist. Der Glaube an uns war immer da und ich habe selten eine Einheit gesehen wie unsere Jungs. Ihre Mentalität und ihr Spirit haben auf den gesamten Verein ausgestrahlt und nicht umsonst hat sich jeder einzelne Mainzer, egal ob Sportler, Funktionär oder Fan zurecht als Meister gefühlt.

Haben Sie die Meisterschaft verdient?

Harun: Auf jeden Fall. Wir sind ungeschlagen in den Playoffs und haben auch jeden Gegner dort besiegt. Wir waren die beste Mannschaft in dieser Saison.

David: Ganz klar, wir haben diesen Titel zurecht. Nicht nur, weil wir in dieser Saison die Meisterschaft geholt haben, denn wir haben auch nach dem letzten Titel vor zehn Jahren nicht aufgehört an uns zu arbeiten. Wir hatten auch eine Saison (2016), die für uns die Hölle war, weil wir so viele Verletzte hatten, aber in der Summe waren wir immer fast immer im Halbfinale und haben um den Titel mitgerungen. Unser Erfolg ist kein Zufall.

Baris: Der Titel ist das Ergebnis von Konstanz und Kontinuität. Wie David es ja gesagt hat, wir sind in diesem langen Zeitraum die konstanteste Mannschaft in der Liga. Wir haben eine sensationelle Hauptrunde gerungen, haben in Köllerbach im Spitzenduell um Platz Eins die Nerven behalten und abgeliefert. Ebenso in den Playoffs und im Finale haben wir beide Kämpfe gewonnen. Die Frage kann man dann mit einem klaren Ja beantworten.

Baris, der ASV Schorndorf hat das Finale nach Stuttgart, in die „Scharrena“ verlegt um seine Zuschauerkapazität auf 2500 zu erhöhen. In Mainz Mombach sind es nur maximal 1400 Plätze. Gab es Überlegungen den Finalort zu verlegen?

Eine größere Halle wäre nicht nur atmosphärisch vorteilhaft, sondern bietet auch monetär andere Möglichkeiten. Daher sehnt man sich natürlich solch eine Möglichkeit zeitnah herbei. Als Mitglied des Planungsbeirats Großsporthalle ist es hochspannend an dem Gestaltungsprozess der Großsporthalle mitzuwirken und ich freue mich schon auf unsere nächsten Treffen. Hier kann es für mich nicht schnell genug vorangehen! Wir sind absolute Lokalpatrioten und es ist uns immer eine Herzensangelegenheit gewesen, das „Meenzer Finale“ auch in unserer Stadt auszutragen. Unser Finale 2013 haben wir im Messezelt (Mainzer-Madison-Square Garden) in Hechtsheim aufgebaut, damit mehr Leute beim Kampf dabei sein konnten, was jedoch mit erheblichen Kosten verbunden war. Wir waren in den letzten Jahren Spitz auf Knopf mit unseren Ein- und Ausgaben, daher war das diesmal keine Option. Genauso wie ein Standort außerhalb von Mainz. Wer beim Final-Hinkampf dieses Jahr dabei war, kann noch Jahre davon zehren. Das war einfach eine tolle Veranstaltung – so lautet das Feedback aus den verschiedenen Generationen unserer Fans heraus. Wenn wir sie alle glücklich gemacht haben, dann haben wir ein großes Ziel erreicht. Denn es geht uns darum, Menschen zu bewegen und zu begeistern – auf und neben der Matte. Das konnten wir bei vielen Mainzerinnen und Mainzern und Menschen aus der Region erreichen.

Sie und David waren schon 2013 die Protagonisten der Meistermannschaft. Welche Titel würden Sie nicht eintauschen wollen?

Baris: Nein, das kann ich nicht beantworten. Unmöglich. Alles oder nichts. Das ist alles so sehr mit Emotionen verbunden. Über die Gänsehautgeschichten müssen wir ja nicht reden, aber ob ich zehn Jahre zurück gehe und die Augen verschließe und mich mit David auf der Mattenmitte niederknieend umarme, nachdem er den damaligen Weltmeister besiegt hat, oder aktuell die Bilder im Kopf habe, wie erleichtert wir nach dem letzten Kampf waren – Das schenkt sich nichts. Keinen von beiden Titeln möchte ich für nichts weggeben!

David: Baris trifft den Nagel auf den Kopf. Das geht einfach nicht. Jede Meisterschaft steht für sich und ist mit so viel Einsatz und Emotionen verbunden und wir sind überglücklich, dass wir diese beiden Titel für Mainz geholt haben.

Kann man die beiden Meistermannschaften vergleichen und wenn ja, welche ist stärker?

Baris: Immer müssen wir uns entscheiden (beide müssen lachen).

David: Vergleiche sind schwer. Beide Mannschaften sind und waren damals charakterlich starke und zusammengeschweißte Einheiten. Das ist auch die Parallele der beiden Meisterteams. Auch damals hatten die anderen Vereine auf dem Papier die besseren Leute (Titel, Erfahrung). Aber wir haben damals und auch heute mit unserem starken Zusammenhalt gepunktet, eine Mentalität die notwendig ist um erfolgreich zu sein. Wer von den beiden Teams gegeneinander gewonnen hätte vermag ich nicht zu beantworten.

Baris: Absolut. Es gibt durchaus Parallelen die für beide Mannschaften gelten, wie das positiv Verrücktsein und Ereignisse die uns zusammengeschweißt haben. Alleine die schwere Katastrophe, in der Türkei und Syrien, die uns mitten im Halbfinale uns innehalten lassen hat oder auch erfreulichere Augenblicke wie der Sieg in Köllerbach, die uns glückliche Momente beschert hat. Wie David es schon sagte, es gab einfach Teams, die auf dem Papier stärker waren als wir, aber wir haben als Kollektiv zusammengestanden. Es gab immer wieder diese „Mainzer Momente“ mit der „Mainzer Wand“ im Rücken. Jede Mannschaft zu seiner Zeit, war einfach meisterlich. Es war schön zu sehen, wie die damalige Meistermannschaft über Social-Media Postings oder durch persönliche Gratulationsanrufe der aktuellen Mannschaft den Respekt gezollt hat. Vor zehn Jahren hatte man uns weniger auf der Rechnung wie dieses Mal, weil wir einfach über einen längeren Zeitraum diese Kontinuität gezeigt haben.

Wie ist es als Trainer bzw. als 1.Vorsitzender den Titel zu gewinnen?

David: Jetzt verstehe ich Baris, der damals unser Trainer war, besser. Als Ringer bist du nur für deine eigene Leistung verantwortlich. Danach kannst du zwar deine Kameraden unterstützen, aber jeder geht alleine auf die Matte. Als Trainer bist du für alles verantwortlich und musst zehnmal abliefern und deine Leistung abrufen. Ich sehe auch, dass es viel schwerer ist als Trainer Mannschaftsmeister zu werden, statt als Einzelringer den Titel zu holen. Es ist ein großer Unterschied ob man nur für sich als Sportler verantwortlich ist oder für das ganze Team.

Baris: David war schon als Sportler mehr involviert als die anderen Ringer. Er war mein Kapitän und auch mein erster Ansprechpartner was die Mannschaft angeht. Er hat damals schon mehr gemacht, aber ich weiß was er meint. Ich fühle ähnlich, was Tolga angeht (1. Vorsitzender der Meistermannschaft 2013). Solche Sachen muss man erlebt haben, um das zu fühlen und nachzuvollziehen. Ähnlich ist es jetzt auch für mich, weitere Ebenen, wie beispielsweise Politik und Wirtschaft mitzudenken, nach innen wie auch nach außen. Die Quintessenz: es ist viel zu tun und vieles muss bedacht werden, aber es macht auch einen Riesenspaß. Vor allem, wenn man als Ergebnis den Pott in unserer Geschäftsstelle aufstellen kann.

Sie beide haben schon mehrfach Einzeltitel und Mannschaftstitel geholt, macht es die Erfahrung einfacher Erfolge zu wiederholen?

David: Nein, das kann man so im Sport nicht so sagen. Es ist sehr schwierig nach oben zu kommen, aber oben zu bleiben ist noch viel schwieriger. Die Gefahr abzustürzen ist immer hoch und dafür gibt es im letzten Jahrzehnt viele Beispiele in unserem Sport und in unserer Liga. Viele erfolgreiche Vereine der letzten zehn Jahre sind nicht mehr Teil der Bundesliga. Ich habe auch noch nie einen Sportler gesehen, dessen Entwicklungskurve nur nach oben gezeigt hat. Mit Rückschlägen muss man immer rechnen und weiter hart und kontinuierlich an uns arbeiten.

Baris: Ich sehe es ähnlich, die Motivation zu haben, sich ständig zu hinterfragen und die Konstanz zu haben an sich zu arbeiten, oben zu bleiben ist sehr schwierig. Absolut. Ich glaube aber auch, die Erfahrungswerte, die wir haben, nämlich zu wissen was man tun muss, um erfolgreich zu bleiben, dieses Knowhow war und ist von Vorteil. Als Beispiel können wir vielleicht unsere Erfahrungen vom vergangenen Jahr nehmen, als wir im Halbfinale mit 0:13 gegen Schorndorf zurücklagen und trotzdem weiterkamen. Das hat uns im Finale geholfen, trotz des hohen Rückstandes zur Pause, in der emotional sensiblen Situation ruhig zu bleiben und an uns zu glauben.

Wenn man Fans nach dem prägendsten Moment im Finale 2013 fragt, erinnert sich jeder an ihren Schultersieg gegen den Weltmeister Aldatov. Was war für sie der finale Moment 2023?

David: Damals war nicht nur mein Kampf ausschlaggebend, sondern alle haben ihren Beitrag zum Erfolg beigesteuert. Es fällt mir schwer einzelne Begegnungen rauszunehmen, denn mir waren alle Kämpfe sehr wichtig. Aber rückblickend, dem Ergebnis geschuldet, bleiben natürlich die beiden Duelle nach der Pause in Stuttgart im Gedächtnis haften, weil wir sie gewinnen mussten um noch eine Chance zu haben. Diese Kämpfe waren offen und die Erfolge alles andere als selbstverständlich. Dennoch ist der Titel eine Mannschaftsleistung und alle haben ihren Anteil daran.

Harun: Für mich war dieser Moment ein kurzes Gespräch mit unserem Ehrenvorsitzenden Tolga in der Halbzeitpause. Ich war aufgrund des hohen Rückstands sehr geknickt und er kam auf mich zu und sagte: „Kopf hoch, wir werden den Rückstand drehen und nach dem Sieg uns die strahlenden Augen von Baris ansehen“.

Baris: Da möchte ich noch was ergänzen. Wichtig zu erwähnen ist, dass alle ihren Anteil am Sieg hatten, wie z.B., unsere Ringer, die ihre Niederlagen knapp gehalten haben. Oder eben alles dafür getan haben, um ein gutes Ergebnis für das Team zu holen. Die zwei Kämpfe nach der Pause waren aber ausschlaggebend, dass es am Ende gereicht hat. Das zeigt aber auch und das ist meine Ergänzung, jenes Fingerspitzengefühl unserer Bessermacher David und Harun, dass sie an den Tag gelegt haben. Wenn man sich die Entwicklung von Alexander Semisorow anschaut, wird das nochmals sehr deutlich. Auch im letzten Jahr hatten wir das Finale erreicht und Alex hatte die Gewichtsklassen 66kg und 71kg abgedeckt. Er musste immer 5-6Kg abkochen um im niedrigeren Gewicht antreten zu können. Er war zwar erfolgreich, aber gegen Ende der Saison hat man gemerkt, dass ihm das Körner gekostet hat. In diesem Jahr haben die Trainer darauf verzichtet und haben ihn nur in 71kg ringen lassen. Das war mitentscheidend, dass Alex im Finale nochmal die Kraft hatte, seinen Rückstand in einen Sieg zu verwandeln.

Die reguläre Saison in der Gruppe West hat der ASV trotz starker Teams souverän als Tabellenerster beendet. Worauf führen sie das zurück?

David: Wir haben einfach keine Mannschaft unterschätzt und wollten jeden Kampf gewinnen. Ich habe immer gesagt, dass unsere Chancen 50:50 stehen und sind jede Begegnung mit der nötigen Konzentration und Motivation angegangen. Man braucht nur einen Blick auf die Tabelle werfen und kann sehen, welch starke Mannschaften wir hinter uns gelassen haben. Darauf können wir stolz sein.

Einige Teams beschäftigen nur Trainer, die am Kampftag die Mannschaft betreuen, sie dagegen sind trainieren täglich mit der Mannschaft. Sind sie näher dran?

David: Ich kann mir nicht vorstellen, den Trainerjob zu machen, ohne die Mannschaft zu trainieren. Dann lasse ich das lieber und widme mich anderen Aufgaben zu. Wir haben so oft Entscheidungen aufgrund der Trainingsleistungen der Ringer getroffen und nicht aufgrund von Ergebnissen an Kampftagen. Wenn du dich als Trainer zwischen zwei Ringern entscheiden musst, wen du am Wochenende einsetzt, dann ist wichtig zu sehen, wie fit und motiviert sind die Jungs? Das sind vielleicht Kleinigkeiten, aber in der Summe entscheidend für den Erfolg.

Harun: Wir sind 24 Stunden für die Ringer da. Wir sehen sie täglich und sie können uns auch jederzeit erreichen, wir sind Vorort in Mainz und können auf alles reagieren.

Sie arbeiten mit ihren Sportlern über mehrere Jahre zusammen. Besteht da die Gefahr, dass man sich als Trainer abnutzt?

Baris: Das kann ich mir bei unseren Trainern gar nicht vorstellen. Beide sind spannende und charakterlich starke Persönlichkeiten, die immer bereit sind neue Wege mit den Sportlern zu gehen. So eine Abnutzung oder Einschleifen kann es bei der Kombination die wir haben nicht geben. Zudem ist unser Verein so ausgerichtet, dass unsere Trainer das Herzstück der Mannschaft bilden und sie geben die Richtung vor und dass unsere Coaches einen Rheinlandpfalzmeister genauso berücksichtigen wie einen Weltmeister und nicht einige Besondere privilegieren, begrüßen die Sportler. Jeder fühlt sich zugehörig und als Teil der Mannschaft und daher sehe ich keine Gefahr, dass sich daran in absehbarerer Zeit etwas ändert.

Es wird diskutiert, die Punkteregel abzuschaffen. Was denken sie darüber?

Baris: Ich war von Anfang an Befürworter der Punkteregelung und daran hat sich bis heute nichts geändert. Diese Maßnahme hat sich bewährt, es hat zu einer Nivellierung in der Liga geführt, was sie insgesamt attraktiver und spannender gemacht hat. Natürlich ist nicht alles optimal und wir sind offen für Verbesserungen. Dass die Bundesliga in den letzten Jahren so viel Zuspruch erhält, ist ganz sicher auf die Punkteregelung zurück zu führen. Alles was in Richtung Abschaffung dieser Regelung geht, sehe ich persönlich skeptisch, bin aber auch kein Freund von Scheuklappen. Wir sind auch neuen Wegen gegenüber aufgeschlossen und nehmen Innovationen gerne an, wenn sie schlüssig sind. Aber grundsätzlich bin ich für eine Nivellierung der Bundesliga, sie führt zu mehr Interesse, mehr Zuschauer und Öffentlichkeit.

In der Bundesliga wird zwischen EU- und Nicht-EU-Sportlern (N) unterschieden. Pro Kampftag darf nur ein nichteuropäischer Athlet eingesetzt werden. Sollten diese Unterschiede aufgehoben werden?

Baris: Das ist eine Diskussion, die man durchaus führen kann, da muss keine Differenzierung stattfinden. Es ist egal, ob ein internationaler Ringer einen EU- oder Nicht-EU-Pass hat. Wichtig ist nur, dass es eine gewisse Deutschquote gibt und in dem Zusammenhang die integrative Kraft des Sports nicht darunter leidet. Das man also Ringer, die einen N6- oder N4 Status haben, weiterhin einem nationalen Athleten gleichsetzt und nicht für den Sport verliert.

Ist die Ära von Burghausen vorbei und wer sind die Favoriten der kommenden Saison?

David: Das entscheidet Burghausen ganz alleine und ich sehe sie auch weiterhin als einen der Favoriten um den Titel in der kommenden Runde. Sie haben nach wie vor eine sehr starke Mannschaft, die sie aktuell noch einmal verstärkt haben. Burghausen war in diesem Jahr nicht unerfolgreich. Sie sind erst im Halbfinale knapp an Schorndorf gescheitert. Sie abzuschreiben wäre ein Fehler, den wir nicht machen.

Baris: Wir stellen fest, wie einige Mannschaften nach Ende der Saison auf dem Transfermarkt agieren und es ist interessant zu sehen, welche Anstrengungen oder Ambitionen hinten dranstehen. Burghausen, Köllerbach und Hösbach gehören genauso dazu wie auch Schorndorf, die die Schlagkraft ihres ohnehin starken Kaders erhöhen. Wenn man sich zudem die Neuverpflichtungen von Kleinostheim ansieht, die zu dem bereits vorhanden starken Kader dazustoßen, wird deutlich, welche Ambitionen der Verein zu seinem 100Jährigen Bestehen hat. Das ist alles legitim und jeder ist gut beraten sich auf den eigenen Verein zu konzentrieren. Bekanntlich halten wir uns aus solchen Überhitzungen des Marktes eher zurück und probieren trotzdem einen guten Kader auf die Beine zu stellen und mit Blick auf unsere Verantwortlichen habe ich da ein gutes Gefühl.

Es wird in der nächsten Saison keine Derbys mehr mit Nackenheim geben. Was sagen Sie zum Rückzug der Nackenheimer?

Baris: Dass sich ein Verein aus der Bundesliga zurück ziehen muss ist nicht schön, aber wir wollen das auch nicht kommentieren. Die Derbys mit Nackenheim waren stets emotional und gut besucht. Der rheinhessischen Region werden sie fehlen und wir hätten uns einen Verbleib der Alemannia in der Liga gewünscht.

Kommen wir zu den Ambitionen des ASV Mainz 88 in der neuen Runde. David, bitte beenden sie den Satz: Der ASV wird in der kommenden Saison…:

David: In der Bundesliga antreten…(lacht) Spaß beiseite, wie Baris schon erwähnt hat, ist unheimlich viel Bewegung auf dem Markt. Einige Vereine wollen unbedingt den Titel holen und verstärken sich immens. Wir warten einfach mal das Transferende im Mai ab und werden dann sehen, mit wem wir es überhaupt zu tun haben.

Der ASV steht seit einem Jahrzehnt unter den Top 4 in Deutschland. Gibt es einen selbstgemachten oder öffentlich wahrgenommenen Erfolgsdruck

Baris: Der Weg, den wir bisher gegangen sind war ja nicht unerfolgreich. Insofern sind wir selbstbewusst in dem was wir machen und daher lassen wir uns von niemandem treiben oder vereinnahmen. Wir glauben an unser Team und an unsere Verantwortlichen und setzen uns nicht unter Druck und lassen uns auch nicht von außen unter Druck setzen.

Welche Ziele haben Sie noch als Trainer /Vorsitzender?

Baris: Zu unseren Vereinszielen gehören Tradition, Integration und Innovation. Diese 3 Säulen führen wir natürlich fort. Wir wollen erfolgreich sein, integrativ sein und unseren sozialen Verpflichtungen als Verein nachkommen. Und im Hinblick auf meinen Vorgänger Tolga Sancaktaroglu, der nach der Meisterschaft noch 7 Jahre in Amt und Würden geblieben ist und auch danach noch in der Vorstandschaft mitwirkt, hängt die Messlatte da für mich ziemlich hoch. Ob das bei mir noch so lange gehen wird weiß ich nicht. Jetzt haben wir erstmal Wahlen im Mai und freuen uns auf den Tag der offenen Tür.

Können Sie schon was zu Abgängen und Neuzugängen sagen?

David: Sogar ganz ausführlich. Am 28. Mai 2023 werden wir am Tag der offenen Tür unseren neuen Kader vorstellen. Jeder ist herzlich dazu eingeladen.





Interview geführt von Karani Kutlu