Interview mit dem Präsidenten des DRB
Exklusiv Interview mit dem Präsidenten des DRB Jens-Peter Nettekoven
Am 20. November 2021 wurde Jens-Peter Nettekoven neuer Präsident des Deutschen Ringer-Bundes (DRB) und beerbte Manfred Werner, der zuvor 16 Jahre lang das Amt innehatte. Der Wahlvorgang um das Präsidentenamt verlief so, wie es sich für den Ringsport gehört. Spannend bis zum Schluss und danach gibt man sich die Hand und schaut nach vorne. In drei Wahlgängen unter den Delegierten der Landesorganisationen stand es 34:34 zwischen Jens-Peter Nettekoven und Ringerdoc Klaus Johann. Eigentlich hätte nach den Statuen dann das Los entscheiden sollen, doch nach einem Vier-Augen-Gespräch der Kandidaten, zog Johann seine Kandidatur zurück. Nettekoven ist ein Tausendsassa, Politiker, Soldat, Ehrenamtler, Familienvater und noch vieles mehr. Woher er die Zeit für all das nimmt, welche Ziele er im Ringsport verfolgt und insbesondere wie er die Zukunft der 1. Ringerbundesliga sieht, erzählt er uns im exklusiven Interview.
Herr Nettekoven, herzlichen Glückwunsch zur Wahl des Präsidentenamtes.
Woher rührt Ihr Interesse für den Ringsport?
Ringen war die DNA in Bonn-Duisdorf. Entweder ging es nach dem Kinderturnen zum Ringen oder zum Fußball. Ich bin, wie fast alle Jungs aus unserer Gruppe, zum Ringen gegangen. Mein Papa war Geschäftsführer des Hauptvereins, Abteilungsleiter Ringen und später 1. Vorsitzender. Der TKSV war und ist meine Heimat.
Sie sind Landtagsabgeordneter, Soldat, Vater und nun auch noch an der Spitze des deutschen Ringsports. Woher nehmen Sie die Zeit für all diese Aufgaben?Ein gutes Zeitmanagement ist hier in der Tat erforderlich. Meine Ehefrau Barbara weiß, dass wenn ich was mache, dann zu 100 Prozent. Meine Ehrenämter machen mir große Freude und das muss auch so sein. Ein gesundes Fundament hilft mir dabei. Wenn man bei seinem eigenen Fundament auf seine Gesundheit, seine Familie, seine Freunde achtet, dann kann man auch top Leistungen im Beruf und Ehrenamt bringen.
Was wollen Sie akut im Ringsport verändern?
Vieles ;) Die ersten Wochen haben wir genutzt um die bestehenden Strukturen und Abläufe zu hinterfragen. Mein Kommandeur hat mir damals bei meiner Kompanieübergabe gesagt:“ Herr Hauptmann, schneiden Sie schnell die alten Zöpfe an und zeigen Sie Ihrer Kompanie sofort was Sie wollen und wie Sie führen!“ Das sind wir gemeinsam angegangen und ich denke man hat es in der ein oder anderen Aktion auch schon gesehen. Auf der Klausurtagung des Präsidiums haben wir alle Entscheidungen immer unter folgender Devise getroffen: Der Ringer, die Ringerin steht immer im Mittelpunkt! Ohne erfolgreiche deutsche Ringerinnen und Ringer sehen wir alt aus! Ein weiterer Punkt den ich mir als DRB Präsident vorgenommen und versprochen habe und den wir auch leben: Offene und transparente Kommunikation. Das Präsidium ist gewählt um die Interessen der LO´s, der Sportlerinnen und Sportler bestmöglich zu vertreten und das wird immer unser Ziel sein!
Welche Visionen verfolgen Sie langfristig?
Langfristig ist es unsere Aufgabe, gemeinsam mit den Landesorganisationen Talente zu sichten, weiterzuentwickeln und in unseren Strukturen zu den besten Ringerinnen und Ringern zu formen. Dazu müssen wir im Breitensport in ganz Deutschland unsere Strukturen ausbauen und „weiße Flecken“ aktiv auf der Landkarte angehen.
Dazu gehört auch, dass wir die „schönste Sportart der Welt“ zu einer Marke entwickeln. Wir werden z.B. ab 2022 mit unserem Partner Foeldeak Schwarz, Rot, goldene Mattenplanen auflegen. Ein einheitliches CI ist ebenfalls in der mache. Das Image muss gepflegt werden. In den USA hat jeder, der ein College besucht unsere Sportart entweder gesehen oder sogar aktiv betrieben.
Das Thema Frauenringen und Beach-Wrestling sind auch zwei Bereiche die ich ganz oben auf unserer Agenda sehe. 50 Prozent der Bevölkerung sind weiblich aber die Anzahl der weiblichen Ringer liegt bei uns noch lange nicht da wo ich sie gerne hätte! Beach-Wrestling soll 2028 olympisch werden und deshalb fangen wir jetzt an uns hier aktiv in den Sand zu stürzen. 2022 werden wir die erste Deutsche Beach-Wrestling Meisterschaft austragen. Interessant ist, Sie scheuen sich nicht persönlich mit den Fans in den Kontakt zu treten, schreiben auch mit Ihrem eigenen Profil auf sozialen Medien. Ist diese gelebte Fan-Nähe ein erster Schritt um unseren Sport voran zu bringen?Der Kontakt zur Basis hat mit als Offizier, als Politiker und in meinem Ehrenamt noch nie geschadet. Ich brauche diesen Austausch um zu verstehen, wo der Schuh drückt. Eine Entscheidung sollte von allen verstanden und von der Mehrheit auch mitgetragen werden. Wenn wir von der Basis ein Feedback bekommen, nehmen wir das mit in unsere Beratungen auf. Am Ende muss es einen geben, der die Entscheidung trifft, er darf, nein, er sollte sich vorher beraten lassen. Das ist mein Verständnis als Präsident des DRB.
Wie wichtig ist die 1. Bundesliga für den Ringsport in Deutschland?
Sehr wichtig! Sie ist das Aushängeschild für unsere Sportart. Aber neben der Bundesliga dürfen und sollten wir den Unterbau nicht vergessen. Ein Haus baut man immer noch von unten nach oben und nicht umgekehrt. Ein gutes Fundament trägt dazu bei das die Bundesliga nicht wackelt. Unsere Athleten brauchen den Wettkampf und unsere Zuschauer brauchen ihn auch. Ich hoffe, dass wir die Ligenstruktur nicht jedes Jahr anpassen müssen sondern hier eine Kontinuität reinbekommen. Ich denke aber, das wir ehrlich zu einander sein müssen und wissen, dass wir noch nicht bei der Struktur angekommen sind die perfekt ist. Ich bin aber froh, dass wir ab der kommenden Saison wieder eine 2. Bundesliga haben.
Was planen Sie um die Zukunft der Bundesliga attraktiver zu gestalten?
Zu allererstes das Thema Stream. Es gibt keinen Kampftag wo nicht über den Live-Stream diskutiert wird – und das leider zu recht. Unser Vizepräsident Manuel Senn hat für unsere Ligen gute Ideen und wird diese mit dem Bundesligaausschuss und unseren Bundesligisten besprechen.
Ich bin der Meinung das wir unsere Ligen ausgliedern sollten wie es bereits im Fußball, Handball und Eishockey der Fall ist. Dann können wir auch über eine gemeinsame Vermarkung sprechen.
Ich bin vermehrt auf die Streitigkeiten zwischen dem DRB und der DRL angesprochen worden. „Herr Nettekoven, können Sie sich eine Profiliga im Ringen vorstellen?“ Ob es eine Vision oder eine Spinnerei ist, weiß ich nicht. Aber wenn wir „Verrückte“ hätten die das Ziel einer Profiliga verfolgen, dann setzten wir uns damit auseinander. Miteinander und dem Dach des DRB. Aber zurzeit sehe und höre ich keinen Verein der hier ruft.Viele Kinder begeistern sich aufgrund der Einfachheit im Fußball für den Ballsport und strömen in die Vereine. Im Ringen sind vielen Menschen die Regeln zu kompliziert (Freistil, Greco, Passivität, Punkteregel, Deutsch- und Ausländerregel u.v.m.). Wie könnte man das vereinfachen um den Ringsport attraktiver zu machen? Gute Frage ;) Ringen ist grundsätzlich einfach und schnell erklärt! Wenn Du mit beiden Schulterblättern auf der Matte liegst, dann hast du verloren. Aber leider sind immer mehr Änderungen/Anpassungen dazugekommen die es in der Tat schwer machen dem Laien mal eben die Regeln zu erklären. Die Regeln von American Football, Basketball und Baseball sind auch nicht gerade einfach aber trotzdem sind die Arenen gefüllt. Was will ich damit sagen: Wir müssen die Regeln so nehmen wie sie sind und sie einfach besser erklären. Die UWW hat jetzt wieder die Regeln angepasst und ich persönlich finde diese Regelanpassung sogar sinnvoll und begrüße sie.Die Vereine bilden den Unterbau der kommenden Ringergeneration. Wie können die Vereine langfristig unterstützt werden um die nächsten Olympiahoffnungen auszubilden?Hier kann der DRB sicherlich helfen. Der DRB sind wir. Wir sind die Landesorganisationen. Gemeinsam haben wir ein großes Interesse das unsere Vereine Talente sichten und entwickeln. Wir müssen aufpassen das Vereine nicht von der Landkarte verschwinden, sondern wir neue Ringerabteilungen gründen.
Wir haben uns schon mit unserem Partner Foeldeak über eine Unterstützung unserer Vereine, besonders bei Neugründungen zusammengesetzt. Fakt ist: Eine Matte braucht man und es ist ein großes Invest.Herr Präsident, im Halbfinale empfängt der ASV Mainz 88 die Spartaner aus Schorndorf und Burghausen trifft auf die Red Devil’s aus Heilbronn. Ich weiß, als Verbandsoberhaupt müssen Sie neutral bleiben. Aber wem drücken Sie heimlich die Daumen?
Allen! Ich wünsche den Sportlern viel Erfolg, den Zuschauern tolle Kämpfe und dem besseren Team am Ende den Sieg.
Herr Nettekoven, vielen Dank für das Interview
Das Interview führte Karani Kutlu